SonstigesWebdesign

Warum Webdesign nicht 700€ kostet

In den meisten Marktsegmenten gibt es Billiganbieter, die reguläre aber auch faire Preisgestaltungen unter das Limit drücken. So auch bei Webdesign-Dienstleistungen. Der Interessent braucht nur mal in Google nach „Webdesign“ zu suchen, schon sieht man unvorstellbar billige Preisangebote: „Ihre Webseite um 189€!“ zum Beispiel. Wieso das unrealistisch ist und qualitativ so nicht funktionieren kann, beschreibe ich in dieser Zusammenfassung

Als aktuelles Beispiel gebe ich hier einen Textausschnitt aus einer Mailanfrage zum Besten:
„…verlangt wird eine eigenständige Community am Beispiel Xing oder Facebook im Bereich ….. – Ich möchte dabei eine komplette Userverwaltung, Gruppen, und die üblichen Social Network Features. Das Design soll höchst modern und sexy sein. Logo oder CD/CI ist noch nicht vorhanden… Sonstige Features: Newsletteranmeldung -Template, Chatfunktion…. Dabei ist unser Budgetlimit bei 700€..“
700 Euro ist eine Menge Geld, aber brechen wir es mal von der benötigten Zeit auf einen in der Branche üblichen Stundensatz herunter. Außerdem hab ich zum Vergleich an ein paar bezahlte Dienstleistungen aus meinem Leben gedacht. Bei meiner Friseurin sitze ich ca. 20 Minuten, es kostet mich 30€, mein Automechaniker verlangt 80€ in der Stunde, ein Architekt kostet > 100€, für meine Steuerberaterin zahle ich 80€ pro Stunde etc. Den Zahnarzt erwähne ich lieber nicht. Es bewegt sich eigentlich alles im Schnitt zwischen 60€ und 80€. BTW: Ich zahle alles sehr gerne, denn ich bekomme professionelle Dienstleistungen dafür.

Beispielrechnung: Webdesign

Bei der Aufwandschätzung am Beispiel Webdesign, nehme ich Elemente aus meiner Erfahrung bzw. den bisher realisierten Projekten. Das ist natürlich jenseits von irgendwelchen fertigen Templates oder Schnellösungen, ich rechne hier ein durchschnittliches Webprojekt.

  • Kundenbetreuung: Ein vernünftiger Kunde will erstmal Konzeption und passende Betreuung. Dazu sind Meetings, Absprachen, Abstimmungen Präsentationen und Dokumente notwendig. ~ 20 Stunden
  • Konzeption: Struktur, Sitemap, Storybook ~ 20 Stunden
  • Design: Skizzierung, Logodesign, Corporate Design, Screendesign ~ 22 Stunden
  • Frontend: XHTML und CSS – valider semantischer Code ~ 32 Stunden
  • Backend: CMS, Datenbank, PHP ~ 32 Stunden
  • Suchmaschinenoptimierung: Keywordrecherche, Implementierung ~ 8 Stunden

Wenn ich mich nicht verrechnet habe, komme ich bei meiner Modellrechnung auf 134 Stunden. Die Webagenturstundensätze in Österreich bewegen sich zwischen 60€ und 140€. Wenn wir einen passenden Mittelwert hernehmen, könnt ihr euch die Summe ja selber ausrechnen.

So viel Geld?

Das ist natürlich wesentlich mehr Zaster als 700€, dazu habe ich Folgendes zu berichten.
Ich komme aus dem Marketing und hab auch viel klassische Werbung und PR im Printbereich gesehen. Die Preise spielen da in einer ganz anderen Liga. Kunden sind gut und gerne bereit für eine 1/4 Seite in einem Magazin Zig-Tausende Euro auszugeben, weil das eben so üblich ist oder schon seit Jahren so gemacht wird. Welchen Return sie davon erhalten wissen sie nicht und an einem konkreten Beispiel weiß ich, dass mir mein Kunde von keinem einzigen Neukunden über diese Anzeigen erzählen konnte. (Obwohl dort die Neukunden immer gefragt werden woher sie kommen.) Ich habe ein Webprojekt für diesen besagten Auftraggeber umsetzen dürfen und siehe da: Nach 5 Monaten sind bereits ein paar Kunden über die Webseite bzw. zusammenhängende Webseiten in seine Praxis gekommen. Da hat sich die Investition der Webseite inkl. aller Onlinemarketingmöglichkeiten drumherum schon bezahlt gemacht.
Bevor kleine oder neue Betriebe Geld für anderwertiges Marketing ausgeben, sollte in eine professionelle Webseite investiert werden. Denn erstens, ist die Webseite heutzutage die Basis der meisten Werbeaktivitäten seitens Unternehmen und Suchaktivitäten von potentiellen Kunden. Zweitens, kann mit einem mit der richtigen Investition ins Web mehr erreicht werden als über klassische Kanäle. Wenn wir von professioneller Betreuung reden, werden auch immer Ziele mit dem Webprojekt verknüpft. Der Kunde bekommt ein einzigartiges Design, Ideen, Prozessverbesserungen, neue Marketingmöglichkeiten und vieles mehr. Es geht eben bei professionellen Webdesign nicht nur bloß um die Realisierung einer Webseite, sondern auch um Marketingmaßnahmen drumherum bis zu Online-PR oder Social Media Marketing.
Klassisches Marketing ist nach wie vor sehr wichtig und nicht zu unterschätzen, aber vielleicht relativert meine Zeitschätzung das vorherrschende Webdesign-Preisdumping ein wenig. Professionelle Dienstleistung soll passend bezahlt sein, jeder will fair für seine Arbeitsleistungen entlohnt werden lieber Zahnarzt, gell? 🙂 Wie hat ein Freund unlängst zu mir gesagt: „Man bekommt immer das, was man bezahlt“ – einfach , aber wahr.

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